0123456789
13.05.-26.06.2011

Im Grunde gibt es in der Stadt zweierlei Fenster. Jene, die durch Gestaltung, Beleuchtung und Farben dazu auffordern hineinzusehen, und diejenigen, die durch Jalousien, Vorhänge oder Verblendungen gerade vor diesen aufdringlichen Blicken geschützt werden.
Ist ein Fenster jedoch mit einem Bretterverschlag vernagelt, wie ihn Jens Nordmann für seine Ausstellung „0123456789“ am SOX angebracht hat, wird nicht nur der Einblick verwehrt, man assoziiert auch unweigerlich Räume, die von Ihren Bewohnern aus einer bestimmten Notwendigkeit aufgegeben wurden, wo Privates zur Absicherung gegen die Außenwelt versiegelt ist.


Neben dem versperrten Einblick in den Raum legt Nordmann jedoch mit einer, über den gesamten Verschlag eingebrannten, und durch die zufälligen Anordnung der Bretter fragmentierten Handschrift, Spuren in die Sphäre des Privaten. Als eine Art graphologisches Fenster scheinen die handgeschriebenen Notizen gerade den kurzen Einblick in die Lebenswelt und Persönlichkeit eines Menschen zu eröffnen, der auf direktem Wege offensichtlich verschlossen scheint.

Glasperlen, die in die Astlöcher im Holz gesetzt sind, und zum Hindurchzusehen auffordern, verführen zudem, diesen Bereich tiefer zu ergründen. Aber die bunten Perlen geben den Innenraum nicht weiter Preis, der lediglich als leuchtendes Muster zufälliger Lichtpunkte durch sie hindurch auf die Straße leuchtet.

 

In the city there are basically two types of windows. The first uses design, lighting, and colors to entice those who pass by to look in, while the second is uninviting and protects its interior from all these intrusive gazes with curtains or blinds.

But when a window is barricaded by a wooden partition, as Jens Nordmann has done for his exhibition “0123456789” at Sox, not only is any insight refused, it also inevitably evokes associations of spaces that have been abandoned by their inhabitants and sealed to protect their private belongings from the outside world. However, this wooden partition has been covered with words from a handwritten shopping list that appears to have been burnt into the wood, scattered by the casual configuration of the planks. The result is something like a graphologic window, which offers small clues about the private life and personality of an absent individual.

 

Glass marbles, placed in the knotholes of the panels, invite viewers to look through them in an attempt to gain further access to this private domain. But the colored marbles reveal nothing more about this interior, functioning only as a decorative pattern of glowing points.

Jens Nordmann
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SOX   Oranienstrasse 175     Berlin 10999    soxberlin@gmail.com
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